USA 1998



Idee, Vorbereitung und Start
San Francisco – wir lernen einander und vieles Neue kennen
Der erste Radelabschnitt: San Francisco – Santa Cruz
Katastrophentag: Santa Cruz – Carmel
Big Sur mit Baustellen, Sonne und Regen: Carmel – Pismo Beach
Improvisierte Schlafplätze: Pismo Beach – Northridge
Die nächste richtig große Stadt: Los Angeles
Trennung: Corona del Mar – Grand Canyon
Grand Canyon Village
Wüstenstrecke: Grand Canyon Village – Monument Valley
Gutes Vorankommen: Monument Valley – Moab
Die Berge: Moab – Breckenridge
Die höchste asphaltierte Straße der USA: Breckenridge – Boulder 
Mit dem Bus einmal quer durch: Boulder – Washington D.C.
Horrortage: Washington D.C. – New York

Planung und Anreise

Es begann alles mit einem Artikel in der Erziehungskunst Anfang 1998.

Ja, das hörte sich toll an! Ja, das will ich machen!

Aber natürlich gab es noch einige Hindernisse zu überwinden, schließlich musste ich für drei Monate von der Schule freigestellt werden, meine Eltern mussten die Erziehungsberechtigung für diese Zeit abgeben, ich brauchte noch jede Menge Ausrüstung und viel Zeit war auch nicht mehr. Trainieren sollte ich auch noch, also fuhr ich immer wieder den Weg von der Schule nach Hause (knapp 30 km) mit dem Rad. Aber zu Hause bedeutet Flachland, in Amerika werden viele, viele Berge auf mich warten!

Am 17. April 1998 ging es dann endlich los!

Das Fahrrad ist in eine große Radkiste gepackt, das Gepäck in einem weiteren Karton, eine Lowrider-Tasche dient als Handgepäck. Der Flug geht über Frankfurt nach San Francisco und offenbart tolle Ausblicke: Grönland, kanadische Rockies! In San Francisco angekommen dauert es noch lange, lange, lange bis der Rest der Truppe auch da ist. Die Truppe, das sind 8 Schülerinnen und Schüler aus 10. und 11. Klassen an Waldorfschulen (Silvi, Toni, Jojo, Sarah, Marius, Basti, JD und ich) und der Reiselehrer Andi.

Ich kämpfe furchtbar mit der Müdigkeit. Es wird langweilig stundenlang hier herumzusitzen. Aber irgendwann kommen sie doch! Unser erstes Treffen! Es ist aufregend, schließlich werden wir die nächsten drei Monate sehr eng zusammen verbringen.

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San Francisco, 18. bis 23. April

Wow! Die Stadt beeindruckt!

Aber der Aufenthalt wird auch in mehrerer Hinsicht symptomatisch werden und der Fahrt ihren Namen „Katastrophen-Tour“ verpassen.

Chinatown

So viel spannendes, neues, ungewöhnliches zu sehen! Der Pazifik, die Golden Gate Bridge, Fisherman’s Wharf, Alcatraz, Chinatown, Ashbury,… Wir sind fleißig unterwegs per Rad. Und ja, die Berge sind schon ganz schön steil, die Abfahrten schnell.

Und abends kommen die Gedanken. Kann das mit mir und dieser Truppe gut gehen? Einige scheinen auf einer ganz anderen Wellenlänge zu sein. Zweifel kommen auf, nicht an der Sache, sondern am Miteinander. Wir sind jetzt schließlich eine Schicksalsgemeinschaft, für 3 Monate ganz eng zusammen.

Cablecar

Aber nun zum Namensgeber: Am 2. Tag machen wir eine kleine Radtour über die Golden Gate Bridge und an den Strand im Norden. Die Hügel sind steil, die Sonne brennt. Die ersten Platten sind auch schon da, sodass alle nochmal prüfen können, ob sie wissen wie’s geht. An einer leicht abschüssigen Stelle der Rückfahrt: Zack. Kopfüber fliege ich auf die Straße. Der Schaden: aufgeschrammtes Knie, schmerzender aufgescheuerter Rücken, leichte Kopfschmerzen, zerbrochener Helm, total verbogene Gabel. Andi ist so nett und trampt mit dem kaputten Rad zurück. Ich bin zum Glück nicht so lädiert, dass ich mit seinem Rad fahren kann. Die Reparatur wird noch schwierig werden!

Zum Glück haben wir noch ein paar Tage Zeit, in denen wir die Stadt weiter erkunden. Ich leider ohne Rad… Die ersten Postkarten werden geschrieben und es wird ganz viel gestaunt! So fremd, so groß, so schick, so ungewohnt ist alles!

Fisherman’s Wharf – Blick auf Alcatraz

Doch zurück zur Gabel: hier fährt man Mountainbike, also 26 Zoll. Oder vielleicht noch Rennrad, also 28 Zoll, aber schmal. Reiserad? Lowriderösen? Brauche ich eine Gabel aus Deutschland? Das wird dauern! Oder ein neues Fahrrad? Nein, es findet sich eine Lösung, auch wenn die mit Adapterstücken ein klein bisschen wackeln wird wenn es später schnell bergab geht. Und der Fahrradhändler in D wird mich für verrückt erklären, mit so einem Ding so weit gefahren zu sein. Es wird aber alles gut gehen.

Es erreicht uns noch eine weitere schlechte Nachricht: Der Highway 1 ist streckenweise gesperrt, wegen Erdrutschen. Schade, dass wir diese schöne Strecke nicht fahren können!

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San Francisco – Santa Cruz, 23. bis 26. April

Die Räder rollen!

Das erste Mal auf diesem Rad mit vollem Gepäck ist es zunächst ziemlich ungewohnt. Und ein paar kleine Herausforderungen in Form von steilen Hügeln und heftigen Böen gibt es auch. Und ja: ich musste hier (noch) manchmal schieben.

Küstenstraße

In Half Moon Bay zum ersten Mal das Camping-Prozedere: Zelte aufbauen (alle grün), Nudeln kochen, was zunächst mit den Benzinkochern ziemlich ungewohnt ist, essen, schlafen, aufstehen, frühstücken, packen.

Westcoast

Die Küste ist so beeindruckend, dass ich die Mühen der Hügel gar nicht wahrnehme. In Santa Cruz wollen wir in der Waldorfschule nächtigen. Doch wo ist die? Nachdem mir zig Mal der Weg zur Uni beschrieben wurde, finde ich endlich jemanden, der weiß wo die Schule ist. Was heißt eigentlich „steep?“. Als ich fluchend angekommen bin, weiß ich es!

Die nächsten beiden Tage werden wir in Santa Cruz bleiben. Den Strand genießen (die, die es können, ich kann es leider nicht…), die Stadt erkunden, erste Erfahrungen mit dem Trampen machen, abends ein (verbotenes) Bier trinken, die Läden bewundern, aber nichts kaufen können und Sarah und Silvi lassen sich ein Zungenpiercing stechen.

Surfen in Santa Cruz

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Katastrophales Stück: Santa Cruz – Carmel, 27. bis 29. April

Wieviel kann eigentlich in zwei Tagen passieren? (Zu) viel!

Optimistischer Start in Santa Cruz mit den beiden zungengepiercten Mädels. Der Highway ist verboten, wir fahren trotzdem dort. Nicht lange, und schon wieder: „zack!“. Ich liege mitten auf der stark befahrenen Straße. Die Ursache: ein Gullygitter, parallel zur Fahrbahn, in dem ich mit den Reifen hängen bleibe. Wie durch ein Wunder werde ich nicht überfahren. Der Schaden beschränkt sich auf zwei Platte auf einen Streich und ein kleines Loch in einer Radtasche. Und natürlich kommt jetzt die Polizei und wartet auch, bis ich geflickt habe (nur ein Reserveschlauch!) und bis wir von der verbotenen Autobahn herunter sind. Der Radweg ist dann irgendwann auch gefunden und es geht jetzt doch noch gut voran, auch wenn es anstrengend ist. Hin und wieder treffen wir die anderen der Gruppe.

Treffpunkt: erster Safeway. Hm. In Monterey gibt es zwei. Wir warten am wahrscheinlicheren. Und warten. Und warten. Warten. Warten. Dabei sind wir doch eigentlich die langsameren gewesen. Hoffentlich ist nichts schlimmes passiert! Warum kommen die nicht? Viele freundliche Menschen wollen uns helfen. Fahren uns umher, die anderen zu suchen.

Hilfe!

Ein Motel in der Nähe lässt uns alle drei zum Preis von einem übernachten. Was, wenn wir sie morgen auch nicht wiederfinden? Wir haben die nächste Kontaktadresse in Los Angeles.

Am nächsten Morgen telefonieren wir die uns bekannten Personen ab, bringen jedoch nichts in Erfahrung. Ich mache mich dahin auf den Weg, wo die anderen vielleicht gewesen sein können. Und treffe:

ANDI!

Tausend Wackersteine fallen vom Herzen. Alles wird wieder gut!

Zurück bei Sarah und Silvi können die es mir kaum glauben, erst als er kommt. Und er kommt mit Eddy Murphy (ok, ein Eddy Murphy, nicht der), nimmt uns das Gepäck ab und wir fahren nach Carmel, wo die anderen schon sind. Sarah ist krank, sie schafft es kaum, die nächsten Hügel zu überwinden. Welche Freude, die anderen wieder zu sehen!

Auflösung: Treffpunkt war der erste Safeway nach Monterey, in Carmel.

Es folgt ein ereignisloser Ruhetag bei unseren freundlichen Gastgebern in Carmel, danke Elke!

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Big Sur im Regen, 30. April bis 3. Mai

Die Straße wird wieder eröffnet!

Big Sur

So können wir uns zunächst Zeit lassen, die Strecke genießen. Denn vor 17 Uhr geht es an der Baustelle sowieso nicht weiter. Es ist herrlich. So schön, dass die ekligen Hügel bald wieder vergessen sind. Da wir pünktlich dort sind, kommen wir auch in die Zeitung :-7

Übler sieht es am nächsten Tag aus, der Regen nimmt schon jegliche Motivation, sich auf den Weg zu machen und mit meiner blöden Jacke bin ich schon nass, bevor ich auf dem Fahrrad sitze. Das kann ja heute was werden. Bei Sichtweiten von 20 m, ekligen Windböen, steilen Hügeln macht es heute keinen Spaß zu fahren.

Die Gruppe vor der Baustelle

Entschädigung folgt am Abend: die fleißigen Bauarbeiter laden uns ein, zum Essen, plaudern, Feuer. Unsere erste Waschbärenerfahrung erfolgt heute auch, die frechen Biester kommen ins Vorzelt, klauen meine Lenkertasche und öffnen meine Futtertasche. Da können sie noch so putzig aussehen, ich freue mich nicht wirklich!

Es folgen zwei ziemlich durchschnittliche Fahrtage, die leider ohne Frühstück starten – das ist gar nicht meins. Aber ansonsten geht es jetzt immer besser voran.

Big Sur im Nebel

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Abenteuerlich schlafen: Pismo Beach – Northridge, 4. bis 8. Mai

Wenig ereignisreiche Tage mit leichten Hängern in der Motivation, die Hügel, die langweiligen Felder, der Wind. Die Beine sind streckenweise etwas lahm, morgens und nach langen Pausen dauert es, wieder ins Fahren hineinzukommen. Aber: der Trainingszustand bessert sich und ich fahre jetzt fast alles, wo ich zu Beginn noch geschoben hätte!

Wir nähern uns wieder einer großen Stadt: Santa Barbara. Die Annehmlichkeiten sind klar: bei Regen kommen wir bei Burger King unter und müssen nicht kochen. Die Nachteile sind auch klar: kein Platz zum Zelten vorhanden. Was tun? Wir entscheiden uns für warten und hoffen. Es gibt hier doch so viele freundliche Menschen! Nein, ausgerechnet hier an diesem Lucky’s nicht. Wir müssen hier schlafen. 3 Isomatten passen zwischen Getränkeautomat und Wand, geschlafen wird in zwei Schichten. 5 Mann auf 3 Matten, das ist sehr schmal und zwingt zur Seitlage. Irgendwie geht es trotzdem…

Am nächsten Tag pausieren wir hier, leider mit den Fahrrädern am Hacken, denn ein Quartier haben wir ja nicht. Wir gehen ins Kino: In God’s Hands, ein Surferfilm. Er ist unendlich cool, aber ich verpasse einen Teil, die Nacht zollt ihren Tribut.

Parken in Santa Barbara vor dem Kino

Am Abend geht es dann noch 20 km weiter bis zum nächsten Campingplatz in Carpenteria, welches einer der bisher schönsten ist!

Am nächsten Tag rollt es sich ziemlich gut, allerdings mit ein paar Pannen. Ein dicker Stein beschert mir den vierten Platten, aber das Problem ist schnell behoben. Doch der nächste Platte kommt sehr bald, jedoch zum Glück nicht bei mir. Ein Stück Metall schlitzt Marius‘ Reifen auf, die Reparatur dauert etwas, da er ja keine Platten haben wird und das Flickzeug unten eingepackt hat :p. Das war aber noch nicht alles: Er hat ein Glas Tomatensoße auf den Gepäckträger geschnallt, welches sich selbstständig macht und für den nächsten Platten sorgt, schön rot verschmiert noch dazu.

Der anvisierte Campingplatz übersteigt unser Budget (12$ pro Tag pro Person im Schnitt) deutlich, so müssen wir uns etwas anderes suchen. Vor einem Supermarkt wird gekocht – und wir werden faul, schlafen (mit Wächter) auf der Laderampe.

Der Rest der Strecke bis zu unsern netten Gastgebern in Northridge ist schnell gefahren. Wir bewundern die tollen Dinge, die es beim REI  gibt, werden super bekocht und treiben uns die Nacht auf einer Party herum, auf der nur gekifft wird, nichts getrunken.

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Los Angeles, 9. bis 13. Mai

Das Touristen-Programm muss natürlich auch von uns abgearbeitet werden. Ohne Auto ginge das nicht, aber wir haben ja freundlicherweise eines geliehen bekommen. Hollywood Boulevard, Venice Beach, Sternwarte, Hollywood, doppelte Kinobesuche… meine Begeisterung hält sich sehr, sehr in Grenzen, ganz im Gegensatz zu anderen der Gruppe, die sich kaum mehr einkriegen vor „Boah!“, „Wow!“, „Geil!“. Ich kann es nicht so wirklich verstehen.

Eine sehr nette Einladung in der Nachbarschaft zum Dessert am Abend lässt uns große Augen machen: schickes Haus mit Hot Tub im Garten, dazu noch ein Pool zum Abkühlen. Wir lassen es uns gutgehen bis:

ich mich auf einmal an nichts mehr erinnern kann. Ohnmacht. Wahrscheinlich zu wenig getrunken.

Außerdem ist es jetzt an der Zeit, endlich ein Päckchen nach Hause zu schicken. Ich habe einfach zu viel mit! Wenn die richtigen Berge kommen, ist das Gepäck zu schwer und brauchen tue ich es auch nicht.

Ein Viertel der Fahrt ist um. Zeit zu resümieren. Inzwischen haben sich gewisse zwischenmenschliche Konstellationen gebildet, die das Leben in der Gruppe beherrschen. Da hätten wir zum einen die „Twins“, das seit der ersten Supermarktnacht untrennbare Paar, dann die beiden sehr begeisterten, die immer noch mehr erleben wollen, auf Kitsch stehen und zumindest mir damit teils ziemlich auf die Nerven gehen. Und dann haben wir noch den etwas unauffälligeren Rest.

Der Radelalltag ist inzwischen Routine geworden, für mich gerne mit kürzeren (und häufigeren) Pausen, lieber in kleineren Gruppen, damit ich mich nicht so gehetzt fühle.

Das größte Highlight ist dies:

Briefkasten Los Angeles

Der Briefkasten, an den alle unsere Freunde uns geschrieben haben. Eine von 3 Postadressen für die Tour. (Emails waren noch überhaupt nicht in unserem Bewusstsein, damals.) 39 Briefe haben wir insgesamt bekommen, meine Ausbeute war nett, aber hätte gerne etwas großzügiger ausfallen dürfen.

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Northridge – Grand Canyon Village, 14. bis 17. Mai

Heute müssen wir die riesige Stadt durchqueren, 140 km bis ans andere Ende! Zur Erleichterung hat Andi unser Gepäck schon zum Ziel gebracht, sodass jeder nur kleines Tagesgepäck transportieren muss. Das Fahren macht hier überhaupt keinen Spaß, alle paar Meter eine Ampel, anhalten, anfahren. Dazu noch ziemlich viel Verkehr und Hitze. Und besser wird es ja auch nicht werden, den ganzen Tag wird es durch diese Stadt gehen.

Nach 18 km eine Pause in einer schicken Villengegend. Einen Schluck trinken. Leichte Übelkeit. Ein unangenehmes Gefühl. Schwindel. Zumindest erstmal geht es so nicht weiter. Dann: noch mehr Schwindel – bis zur Ohnmacht.

Andi ruft bei unseren Gastgebern in Northridge an, die mich abholen sollen. Der Plan: dort holt mich Bob, unser nächster Gastgeber, ab und ich muss dort wohl zum Arzt.

Also sitze ich und warte. Und warte. Das wird mir bei den Gastgebern dann wieder so gehen. Ich bin etwas traurig, die Strecke nicht komplett fahren zu können und mache mir Sorgen um meine Gesundheit, es geht mir nicht gut und irgendwann kommen auch noch Kopfschmerzen dazu. Hoffentlich ist es nichts schlimmes! Aber schon wieder muss mir etwas passieren…

Die Gedanken kreisen, das Tagebuch füllt sich. Das Warten geht natürlich weiter. Es dauert nun mal, 140 km zu fahren.

Corona del Mar

Am nächsten Morgen geht es zum Arzt, wo ein Eisenmangel festgestellt wird. Die nächsten Wochen werde ich also Eisentabletten schlucken. Und die anderen Mädels auch, wenn sie ihre Tage haben.

Abschied vom Highway No. 1

Trennung: ich werde 2 Wochen „allein“ sein. In ein paar Tagen den Bus nehmen und nach Grand Canyon Village fahren. Ich werde etwa 1000 km der Fahrstrecke verpassen.

Und die anderen werden unseren Lehrer auch für 2,5 Tage los sein, der regelt das hier nämlich noch mit mir.

Die Busfahrt ist lang, 12 Stunden. Ich sehe sehr lange begeistert aus dem Fenster. Die Wüste ist doch gar nicht so langweilig wie ich sie mir vorgestellt habe. In Flagstaff holen mich Don, Sandra und Ted ab, bis GC Village sind es noch etliche Meilen.

Rastplatz irgendwo auf der Strecke

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Grand Canyon Village, 18. Mai bis 1. Juni

Ich bin in einer ziemlich chaotischen Familie hier gelandet, 7 Kinder, von denen 4 Jungs und ein Mädchen mit ihrem Vater hier leben. Manches ist verwunderlich: z. B. Dass sie keine normalen Teller benutzen, sondern Pappteller, die sie in Halterungen einklemmen und dann wegwerfen. Schon bald „kenne“ ich das halbe Dorf.

Die nächste Klein-Katastrophe naht: ich wache auf. Und kann nicht mehr. Fieber, starke Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen. Da liege ich nun, krank in einer dunklen Kammer in einem seltsamen Haushalt. Zum Glück ist der Spuk nach einem Tag fast vorbei!

Grand Canyon von oben

Und der Wohnungsspuk auch, denn ich lerne in der Schule zwei Mädels kennen, die mir etwas besseres vermitteln können. Hier gibt es ein Zimmer für mich und coolere Leute, die an den Wanderwegen hier arbeiten.

Es geht mir ziemlich schnell besser und ich mache mit Nacho eine Wanderung zum Indian Garden. Es ist ziemlich beeindruckend, alles.

Blick auf den Weg über Indian Garden

Nun vergeht die Zeit recht unterhaltsam, wir gehen bowlen, spielen Karten, trinken abends Bier, ich mache kleine und einen größeren Rad-Ausflug, male Bilder. Nach ein paar Tagen nervt allerdings der allgegenwärtige Tourismus sehr und ein Entfliehen ist kaum möglich.

Und ich warte sehnsüchtig darauf, dass der Rest der Truppe endlich ankommt! Bin in Gedanken viel bei ihnen…

Und am 28. sind sie endlich da! Schon am Nachmittag. Die Wiedersehensfreude ist riesig, die Begeisterung für den Grand Canyon ebenso! Der Sonnenuntergang hat einen sehr lustigen Abend eingeleitet, den wir gebührend feiern. Mit Kartenspiel (um Geld :x) und einer ganzen Menge alkoholischer Getränke.

Am übernächsten Tag machen wir die Wanderung: Einmal runter zum Colorado River und wieder hoch. Entgegen aller Empfehlungen an einem Tag, aber wir sind ja zumindest fit!

Stop! Heat Kills!

Wir nehmen sowohl für den Abstieg als auch für den Aufstieg den South Kaibab Trail, der deutlich schöner ist, als der Bright Angel Trail, allerdings auch steiler. Unsere Ausrüstung lässt für solch eine Unternehmung zu wünschen übrig, aber es geht auch mit Turnschuhen und Mini-Rucksack, immerhin haben wir genug Wasser dabei, das ist hier fast das wichtigste!

Am faszinierendsten waren die ganzen verschiedenfarbigen Gesteinsschichten, und natürlich die Ausblicke!

Am Abend sind wir ganz schön erledigt, dabei ist wollen wir doch in Jojos Geburtstag hineinfeiern. Die Feier ist ein wenig lahm, Müdigkeit macht sich breit.

Ein ziemlich einzigartiger Aufenthalt nähert sich dem Ende, aber so langsam zieht es mich auch weiter!

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Grand Canyon Village – Monument Valley, 2. bis 6. Juni

Die Etappen sind jetzt länger, heute stehen 97 km an. Und schon nach 2 km haben wir irgendwie das schlechte Gefühl, es heute nicht zu schaffen. Die Gruppe ist wieder sehr rücksichtsvoll und wartet auf mich, denn wie zu erwarten war, bin ich nicht besonders im Training.

Lange, gerade Wüstenstraße

Die nächsten Ausfälle folgen leider: Jojo ging es schlecht und sie legte sich am Straßenrand nieder, Herzrasen, frieren trotz Hitze, Schwindel. Wenig später folgt Sarah mit schrecklichen Bauchschmerzen. Beide werden in Grand Canyon Village bleiben „müssen“.

Pause

Das alles kostet sehr viel Zeit, und heute ist es recht weit. Die Strecke wird dann viel leichter zu fahren, viel bergab, dazu Schiebewind und auf einmal sind wir schon in Cameron! Wir finden einen schönen Platz in der Wüste mit Sternenblick für die Nacht.

Aufwachen (fast) bei Sonnenaufgang – und früher Aufbruch, um 8 sitzen wir bereits auf den Rädern. Es wird ein stressfreier Zweier-Fahrtag, mit viel Erzählen auf ziemlich gerader Straße. Dennoch kommen wir nach dieser mit 113 km recht langen Etappe als erstes an!

Schwieriger ist heute die Schlafplatzsuche, da es heute ziemlich windig ist, brauchen wir etwas Windschutz und der ist hier nur schwer zu finden. Es findet sich dann ein akzeptabler Platz in der Nähe der Schienen, wo gerade ein kilometerlanger Zug vorbeifährt. Es folgt ein Auto auf Schienen mit der Ansage, dass das Zelten hier leider verboten ist. Also auf ein Neues! Der nächste Platz ist etwas abschüssig, aber da es schon dunkel wird, haben wir keine Nerven mehr, länger zu suchen. Die Kochtruppe heute enttäuscht: sie bringen nur einen Kocher zum Laufen und so dauert es an diesem späten Abend sehr lange, bis es endlich etwas zu essen gibt. Ich halte ein Abendnickerchen zwischen zwei Tellern Nudeln.

Der nächste Tag ist kalt. Der erste wirklich kalte Tag! Highlights: ein Abstecher zum Navajo National Monument. 

Navajo National Monument

Die Fahrstrecke ist leicht bewältigt und am Abend finden wir irgendwann auch endlich mal eine Lücke im Zaun, sodass wir die Straße verlassen können, um unser Nachtlager wieder unter freiem Himmel aufzuschlagen.

Am nächsten Tag ist es windig – und er kommt von vorne! Die einzige Familie weit und breit, die wir nach Wasser fragen können, macht einen sehr seltsamen Eindruck und so kommt das Wasser uns dann auch komisch vor. Am Treffpunkt in Gouldings warten wir auf die Herren der Schöpfung. Sie waren doch gar nicht so weit hinter uns? Nein, es ist ihnen nichts passiert, sie mussten nur unbedingt Fußball gucken!

Monument Valley in Sicht!

Man warnt uns eindringlich vor den Gangstern, die hier unterwegs sind. Sie haben in Colorado eine Bank ausgeraubt, einen Polizisten erschossen und einer von ihnen ist auch erschossen.

Nach langer Zeit nächtigen wir mal wieder auf einem Campingplatz! Blick auf Monument Valley! Eine Dusche! Die kostet allerdings 1 $, sodass wir zu zweit eine teilen.

Am Zeltplatz

Monument Valley – Sonnenuntergang

Es folgt eine Zwangspause von einem Tag. Wegen der Gangster ist die Straße gesperrt, die Umfahrung möglicherweise auch!

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Monument Valley – Moab, 7. bis 12. Juni

Wir sind müde, die Nacht war wenig erholsam. Der Wind rüttelte am Zelt, alles ist voller Sand und Staub und die Laune nicht die beste. Der Monument Pass ist relativ mühelos erklommen und die Abfahrt geht mit über 70 km/h ziemlich rasant. Und das Provisorium bei der Gabel zickt auch kaum.

Monument Valley im Rücken

Wir geraten in eine Polizeikontrolle, die Gangster werden noch gesucht!

Das Budget gestattet 1,5 Portionen Pommes und Cola mit Refill für jeden. Ein kleines Fest und eine große Abwechslung zu den Nudeln, die es sonst jeden Abend gibt. Vielleicht zu viel Abwechslung? Oder schlecht? Auf jeden Fall liegen sie mehreren schwer im Magen, was den nächsten Tag noch beeinflussen wird.

Denn: nur 4 von zur Zeit 7 sind so fit, dass sie Rad fahren können. Ich gehöre dazu 😀

Bis Moab sind es 130 km, die wir auf keinen Fall an einem Tag fahren sollen. Nicht, dass der Krankenstand noch weiter steigt! Die Strecke ist erstmal nicht ohne und vor allem geht es viel mehr bergauf, als wir erwartet haben.

Wir fahren in zwei Zweiergruppen und treffen uns hin und wieder. Da wir so gut voran kommen, machen wir uns doch noch Hoffnung auf Moab heute. Wie machen wir das den beiden Jungs klar?

Es stellt sich heraus: gar kein Problem, die überlegen schon seit heute früh, wie sie uns dafür gewinnen können! Wir lachen herzlich und fahren das ganze letzte Stück zusammen.

Als wir ankommen, ist es noch nicht einmal sehr spät, sodass Andi kaum glauben kann, dass wir nicht getrampt sind.

In Moab erwarten wie Jojo und Sarah, die mit dem Bus hierher kommen. Und wir erwarten wieder unsere Post! Wir bleiben einige Tage in Moab, fahren Mountainbike auf dem Slickrock-Trail, was mir wider Erwarten großen Spaß macht! Aber mehr als den Practice Loop schaffe ich nicht. Schon toll, was so ein Fahrrad noch alles kann.

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Viel Gastfreundschaft: Moab – Breckenridge, 13. bis 20. Juni

Juchu, wir sind unseren Lehrer für ein paar Tage los! Warum? Weil er JD’s Fahrrad mit seinem Schloss abgeschlossen hat und den Schlüssel verloren hat. Lösung: er lässt sich den Schlüssel aus Deutschland schicken und JD fährt erstmal mit Andis Fahrrad weiter.

Beim Losfahren ein wenig übliches Chaos: wer nimmt das noch übrige Außenzelt? Jemand möchte lieber Stangen statt Zelt… Es zieht sich unangenehm lange hin, aber irgendwie schaffen wir es dann doch, alles aufzuteilen.

Hier vielleicht ein paar Worte zur Gemeinschaftsausrüstung:

Wir hatten vier Zelte mit, von denen ein undichtes Zweimannzelt allerdings ziemlich schnell nach Hause geschickt wurde und durch ein neu gekauftes Einmannzelt ersetzt wurde. Dann noch einen 3er Tunnel, eine 3er Kuppel und eine 2er Mischform.

Dann noch 3 Benzinkocher, 3 Topfsets und drei Benzinflaschen (da war die Aufteilung immer recht einfach!).

Falls sich jemand für Marken und Modelle interessiert: ich weiß es nicht. Und ich kann auch nur sagen, dass ich einen Daunenschlafsack in Deckenform mit hatte, der warm genug war (bis unter 0°C) und der leider pink war.

Die große Flick-Aktion

Die Fahrt von Moab nach Cisco ist sehr geprägt von vielen platten Reifen bei Jojo, Toni reiht sich mit einem geplatzten Mantel (!) ein. Da war der Druck von der Tankstelle wohl zu viel. Zum Glück haben wir einen passenden Ersatzmantel mit.

Geisterstadt Cisco

Wir übernachten in der Geisterstadt Cisco, suchen uns ein möglichst nettes Haus und erforschen die Umgebung, wo es wohl mal eine Kunstaustellung gab.

Geisterstadt Cisco

Die Wohnmobiltouristen staunen am nächsten Morgen nicht schlecht, die Geisterstadt bewohnt zu finden!

Auf der Fahrt nach Fruita leiden wir etwas unter Wassermangel, bis dahin dass Sa nach (zu) viel auf einmal trinkt und kotzen muss. Und danach trampen, was hier gar nicht so einfach ist. Da hier kein Mensch wohnt, müssen wir Autos anhalten, um nach Wasser zu fragen.

In Fruita angekommen, verpassen wir einander kurz, weil einige es vorziehen statt vor dem Supermarkt bei McDonalds zu warten.

Lieblings- (und Schicksals-) Supermarkt

Nach dem Einkaufen fragt uns ein Typ, ob wir einen Schlafplatz haben, was wir verneinen. Er lädt uns in sein schickes Haus mit Grasdach und Matratzen und Kopfkissen für alle ein. Am nächsten Morgen gibt es noch Rührei und Porridge zum Frühstück. Danke!

Fußball-WM! Heute spielt Deutschland und wir gehen natürlich in eine Bar, essen Pizza und Salat, trinken jede Menge Pepsi und sehen das Spiel. Puh, Deutschland hat gegen die USA gewonnen!

Danach ist die Lust weiter zu fahren ungefähr bei Null, aber wir schaffen die paar Meilen bis zum nächsten Campingplatz auch noch. Dort müssen wir erst einmal eine Besprechung abhalten. Die Gruppensituation kriselt doch ziemlich, da das Pärchen sich kaum mehr integriert. Oder integriert wird?

Das Kochteam steht heute das erste Mal an den Töpfen – oder auch nicht. Denn sie veranstalten lieber eine Wasserschlacht und lassen alles anbrennen. Ein paar Happen gibt es zum Glück trotzdem. Die Nacht wird dann etwas „gemütlich“. Eigentlich hatten wir ja draußen schlafen wollen, doch leider fängt es an zu nieseln. Also müssen wir doch die Zelte richtig aufbauen und wir gönnen uns erstmal eine schöne Rücken- und Schultermassage.

Der nächste Tag ist irgendwie… unerfreulich. Zum Frühstück gibt es ekligen Joghurt und abgepacktes Gebäck, das Bauchschmerzen macht. Zwei trampen – und kommen nicht an, haben aber Teile von zwei Zelten, sodass wir zu sechst nur 1 Zelt haben und draußen schlafen wegen des Regens auch keine Option ist.

Aber: wir haben mal wieder unfassbares Glück und werden von einem Ranger eingeladen, bekocht, gucken einen Film und kriegen sogar noch ein Bier.

Kalt. Kalt. Kalt. Höchstens 10°C. Regen noch dazu. Brr. Die Aufwärmpausen sind lang, die Fahrstrecke ätzend, Interstate 70.

In Glenwood Springs treffen wir unsern „Papa“ wieder. Und er bringt uns schlechte Nachrichten: wegen der Kälte können wir nicht über Aspen/Independence Pass fahren, die Wahrscheinlichkeit, dass es schneit, ist zu groß! Wie schade!

Und wen treffen wir noch? Eddy Murphy, unseren Retter in Carmel!

Am nächsten Morgen ist alles Kalte und Ungemütliche wieder vergessen. Die Sonne strahlt, der Weg ist schön und führt direkt am Colorado entlang, leider hört man auch die Interstate.

Radweg am Colorado (und ich)

Und es geht hoch, hoch, hoch! Stück für Stück, bis wir in Edwards (2250 m) sind. Dort hat einer der vorherigen Gastgeber uns schon eine Unterkunft vermittelt, wo man uns schon mit Chili con Carne erwartet.

Der nächste Morgen beginnt mit einem Interview inclusive Fotosession für eine Tageszeitung in Vail. In Avon werden wir ins Schwimmbad eingeladen, aber sehr viel Zeit bleibt nicht, schließlich liegt heute der Vail Pass (10603 ft / 3250 m) vor uns. Es gibt einen Biketrail, der allerdings deutlich fiesere Steigungen als die Straße hat. Heute fahre ich allein. In meinem Tempo. Und wundere mich: 3 Radfahrer ohne Gepäck, superleichte Rennräder bzw. ein Mountainbike und sie sind kaum schneller als ich. Sie machen sich Sorgen, ob mit mir alles okay ist. Ja, doch. Alles ok! Aber mühsam ist es natürlich schon, es geht ziemlich in die Beine. Am Ziel, in Breckenridge, erwarten uns wieder freundliche Gastgeber mit Stew, Salat und selbstgebackenem Kuchen. Und Betten für alle!

Schneebedeckte Rockies rufen

Am nächsten Tag ein Ruhetag, den wir mit der weiteren Planung verbringen. Noch ein Schlenker über die Trail Ridge Road? Ein Pass mit 12183 ft (3713 m)? Viel Blick über die Rockies? Ja, natürlich will ich! Und fit bin ich auch!

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Trail Ridge Road: Breckenridge – Boulder, 21. bis 30. Juni

Die Entscheidung für die Trail Ridge Road bedeutet auch, dass wir jetzt zu zweit fahren, Silvi und ich. So ist einiges einfacher und lange Diskussionen darum, was eingekauft wird und wer was transportiert entfallen ebenso wie langes Warten aufeinander. Wir sind froh, als wir endlich von der I70 abbiegen dürfen, denn es ist viel Verkehr.

Es fahren sehr viele Polizeiautos und Krankenwagen an uns vorbei. Es scheint etwas schlimmes passiert zu sein. Wir werden es nicht herausfinden, allerdings müssen wir eine große Umleitung mit vielen Hügeln in Kauf nehmen.

Wieder auf der eigentlich Strecke geht es munter hoch und runter. Wir müssen noch einkaufen, essen und Benzin. Letzteres gibt es nur gallonenweise, so viel können wir nicht transportieren! Mit mehr oder weniger Zustimmung werden wir den Rest bei einer Tankstelle los.

Der Abend ist kalt, der Zeltplatz etwas ungemütlich, aber die Nudeln schmecken wieder und am nächsten Morgen sieht alles schon wieder viel besser aus.

Bergauf und bergab windet sich die Straße. Solange es am Fluß entlanggeht merken wir kaum, dass wir hinauf fahren.

Highlight des Tages: ein ganzer Ort voller Rennradfahrer, die bei „Ride the Rockies“ mitfahren. Die wenigsten beachten uns, nur einer fragt, ob ich nicht noch ein Bündel Holz aufladen will bei meiner Last. Auf der folgenden Strecke nach Grand Lake begegnen sie uns im Minutentakt, grüßen, machen uns Mut und fragen, ob wir nicht in die falsche Richtung fahren.

Beim Einkaufen planen wir gut, denn überflüssiges Gepäck wollen wir nicht über den Pass schleppen.

Da wir möglichst nah an die Pässe heranwollen, leisten wir uns den Campingplatz Timber Creek für 12$, was uns eigentlich zu teuer ist, aber wir haben hier keine wirkliche Wahl. Der Abend ist ziemlich kühl und die Nacht wird Frost bringen. Wir fallen ziemlich früh in die Schlafsäcke und schlummern sehr gut.

Die Steigungen gehen wir dann einzeln an, ein Treffen ist erst wieder in Estes Park geplant, am Ende der heutigen Etappe. In Serpentinen geht es hinauf, zum Glück ohne sehr viel Steigung.

2 Miles Above Sea Level

Zunächst ist es noch ziemlich warm, doch ab dem Milner Pass (10758 ft /3279 m) wird es ziemlich frisch. Bis hier war es wirklich sehr einfach und ich war erstaunt, wie schnell die Höhe gemacht war!

Milner Pass

Ich nähere mich der Baumgrenze und die Schneefelder werden immer größer und zahlreicher. Inzwischen habe ich so ziemlich alle warmen Sachen an, die ich mit habe. Dennoch muss ich mich im Visitor Center aufwärmen…

Über der Baumgrenze

Ab da sind es nur noch 400 ft an Höhe, aber das sind die anstrengendsten, da der Wind natürlich jetzt auch noch von vorne kommt. An der Trinkflasche bildet sich Eis und ich kämpfe ziemlich. Radfahren mit unter 5 km/h macht nicht wirklich Spaß, aber Absteigen? Auf keinen Fall! Es ist phantastisch, der ganze Schnee rundherum, der weite Blick!

Die Weite!

Die Abfahrt ist zunächst wegen des Windes ziemlich tückisch. Bevor die letzte Steigung kommt, reicht mir ein Typ aus dem Autofenster einen Schokoriegel, zur Stärkung! Er wird mich später bei der Abfahrt mit seinem Rennrad überholen. Spaß macht die Abfahrt auch später nicht, denn das die Autofahrer bremsen mich sozusagen aus.

In Estes Park warte ich auf Silvi und wir sind sehr froh, es so gut geschafft zu haben! Darauf erstmal ein üppiger Einkauf. Die Schlafplatzsuche ist heute erstaunlich tückisch und wir müssen Leute fragen, ob wir bei ihnen zelten dürfen. Das erste Mal werden wir abgewiesen, das zweite Mal ignoriert, aber dann findet sich doch noch ein Stückchen Wiese für uns.

Estes Park

Am nächsten Tag warten wir auf die anderen Pass-Fahrer, natürlich vor dem Supermarkt. Ein Sergio spendiert ein Sandwich, was wir dankend annehmen. Später kommt er noch einmal und bietet uns an, im Keller des Supermarktes zu übernachten. Der Tag ist langweilig, wir warten auf die Jungs – und stellen mal wieder fest, dass es hier noch mehr Supermärkte gibt. Aber egal, wenn wir sie hier treffen, treffen wir sie in Boulder.

Der Supermarktparkplatz mit Panorama

Sergio kommt noch einmal und sagt, er hat einen besseren Raum für uns, lädt uns und die Räder ein und bringt uns zu einem Motel. Eine halbe Stunde später kommt er mit Bier und Tequila wieder, wir sitzen noch lange zusammen und erzählen. Im Nachhinein wollte er uns wohl betrunken machen, aber so einfach ist das nicht! Alles ist etwas unklar, aber wie kommt jemand dazu, 74$ für zwei dahergefahrene Mädels auszugeben?

Die Fahrt nach Boulder war wenig vergnüglich: Hitze, kleine Hügel, eine wahnsinnig langweilige Landschaft. Auf dem Weg hinterlassen wir überall Nachrichten, damit wir irgendwann hoffentlich wieder mit dem Rest der Truppe zusammenkommen.

Boulder ist groß, wir treiben uns zunächst in den Vororten herum bis wir nach Downtown finden. Und da treffen wir auch schon zwei uns sehr bekannte Gesichter! So sitzen wir in der Fußgängerzone und haben uns viel zu erzählen. Und werden mal wieder eingeladen: eine WG mit 8 Jungs, die alle sehr nett sind!

So nach und nach findet die ganze Gruppe wieder zusammen, wenn auch mit gemischten Gefühlen. Auf der anderen Strecke wurde viel getrampt,  getrunken, sich verirrt und Mist gemacht. Das Vertrauen des Lehrers ist auch gebrochen und die Stimmung mies.

Die Tage vergehen mit Fußballgucken (WM!), Pizza essen, mit den Jungs aus der WG rumhängen und letztlich mit Vorbereitungen für die Abfahrt wie Wäsche waschen, Fahrradbox beschaffen etc. Der Bus wird mitten in der Nacht abfahren und so müssen wir die Sachen auch mitten in der Nacht in die Boxen bringen und dann noch ein klein bisschen an der Bushaltestelle schlafen.

Gepackte Kisten für die Busfahrt

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Die Busfahrt: Boulder – Washington D.C., 1. bis 4. Juli

Wir müssen in 3 Gruppen fahren, denn mehr als 3 Fahrräder nimmt ein Bus nicht mit. Das Los hat entschieden, dass ich mit Silvi und Andi in der ersten Gruppe fahre. Ist das Glück? Oder Pech?
Auf jeden Fall heißt es, dass ich um 3:15 aufstehen muss. Mein Schlafplatz an der Bushaltestelle ist leider schon belegt, der Stuhl daneben leider unbequem.

Beim Umsteigen müssen wir sehr, sehr gut aufpassen, dass die Räder auch in den richtigen Bus verladen werden, eines hätte sich fast alleine schon auf den Weg nach New York gemacht, dabei wollen wir doch nach Washington D.C. Und das letzte Stück mit dem Rad fahren!
Die Fahrt nach Chicago ist

lang.
Statt zu McDonalds zu gehen essen wir unseren eigenen Proviant, Low Budget! Erstaunlicherweise schlafe ich tags. Und nachts. Und wache auf und auf einmal ist da nicht mehr Silvi neben mir, sondern ein Typ. Tja, sie hatte sich mit jemand anderem unterhalten und Plätze getauscht. Die nächtliche Unterhaltung ist wohl seltsam und am Ende erklärt er ihr seine Liebe.
Der nächste Tag im Bus bietet Gelegenheit für einen Rückblick. Ich werde wehmütig, nur noch 2 Wochen und dann sind wir schon wieder in Deutschland… ich kann mir die Rückkehr noch überhaupt nicht vorstellen und mache mir viele Gedanken (ja, die Fahrt ist lang!).
Irgendwann kommen wir dann auch schon an. Und haben, da wir als erste gefahren sind noch ein bisschen mehr Zeit, die Stadt zu erkunden. Wir hatten schon lange keine Katastrophen mehr, oder?
Hier noch zwei kleinere: Ein liegengelassenes Portemonnaie sorgt für große Aufregung und dann kommt auch noch ein gerissenes Schaltungskabel dazu. Aber alles lässt sich in absehbarer Zeit lösen.

Museum

Washington ist keine Radfahrstadt, überhaupt nicht. Uns schreckt aber inzwischen nichts mehr und wir besichtigen das wichtigste. Mitten in der Nacht holen wir die anderen am Busbahnhof ab und rasen durch die Nacht wieder nach Hause.

Capitol

Weißes Haus, da war Clinton noch Präsident!


Am nächsten morgen sind wir noch nicht wirklich bereit, weiter zu fahren und bleiben noch einen Tag hier. Nicht die schlechteste Entscheidung, denn heute ist Independence Day und der wird hier natürlich ganz besonders groß gefeiert. Das Feuerwerk beeindruckt wirklich sehr mit tollsten Farben, Formen…

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Horrortage: Washington – New York

Noch 5 Tage Rad fahren, jeweils ca. 60 mi. Es wird der insgesamt unangenehmste Teil der Fahrt werden. Natur, wo bist du? Stattdessen: Stadt an Stadt.

Stress wollen wir uns nicht machen, ankommen werden wir, und wann ist uns erstmal egal. So geht es dann auch erst mittags los auf der echt ätzenden Straße nach Baltimore. Das Wetter: schwül und heiß, die Straße mit steilen Hügeln. Nein, das macht wirklich keinen Spaß! In Baltimore könnten die Gegensätze kaum größer sein: arme „nice neighbourhood“ – protzige Villengegend. Nein, wir haben keinen Bock mehr, verirren uns, essen bei McDoof und schlafen irgendwo. Stechfliegen, Hitze und steiniger Boden lassen diese Nacht unvergessen bleiben.

Es ist heiß und blöd hier. Also sind wir heute albern. Obstschalenschlacht vor’m Supermarkt. Für den Lehrer ist das nicht zum Aushalten – er fährt vor. Dann haben wir noch einen Taschenverlust, aber wer Radtaschen mit Ducktape befestigt, der hat schon lange Glück gehabt und beschert uns jetzt eine Pause. Dann trampt mal wieder die halbe Mannschaft, später werden noch halb freiwillig Räder getauscht, was für den unfreiwilligen Part recht mühsam, dafür aber für den Rest umso amüsanter ist. Zum Kochen hat wieder keiner Nerven und so geht es mal wieder zu McDoof. Zelten können wir in Avondale bei irgendwem im Garten.

Heute wird es noch ätzender, denn unser lieber Lehrer hat die Nase voll von dem Mist, den wir verzapfen. Wir wollen Fußball gucken! In der ersten Bar wollen sie das Programm nicht wechseln, die nächsten sind uns wirklich zu düster. Bis wir etwas finden, hat das Spiel schon angefangen. Das Spiel ist superspannend mit Verlängerung und Elfmeterschießen. Das hat dann zur Folge, dass wir zu spät beim Treffpunkt sind – schon wieder Ärger! Dass wir dann auch noch ewig einkaufen müssen, macht es nicht besser. Und unsere Fahrweise auch nicht. Rote Ampeln? Egal. Mitten auf der Straße ist es auch am schönsten. Abends essen wir in irgendeinem Restaurant. Und unser „Papa“ setzt sich einfach weg, was wir nicht verstehen können. Tja. Wir fahren dann los, als wir fertig sind, bekommen ein wenig Vorsprung – und werden ausgerechnet eingeholt, als wir bei einem Motel die Karte studieren und überlegen, die Nacht durch zu fahren. Einer von uns bekommt noch genau 5 Worte zu hören.

See ya in New York!

Scheiße.

Nun, was soll ich sagen? Es kommt noch ein ätzender Tag mit Albernheiten dazu. Beim Aufwachen geht es schon los: wir schlafen auf irgendeiner Wiese, ohne Zelt. Und es regnet. Schlafsack nass, Isomatte nass, Regen nervt und die Nacht war viel zu kurz. Gefrühstückt wird beim K-Markt, dessen Angestellte es nicht so lustig finden, dass wir uns mit Glibberschlangen bewerfen. (Immerhin haben wir die da gekauft!) Alle paar Meter findet sich ein Grund, zu pausieren. Regen, platte Reifen, Hunger, gemütliche Malls und ungemütliche Straßen. Zwei von uns trampen (mal wieder!), Treffpunkt: Staten Island Ferry. Ein etwas eigenartiger Typ will uns ins Fernsehen bringen, lädt uns zu sich ein und wir dürfen in der Bäckerei, die er eröffnen will, schlafen. Dort ist alles noch ziemlich provisorisch und ein bisschen eklig, aber mit den nassen Schlafsäcken sind wir froh, über ein Dach über dem Kopf. Mitten in der Nacht kommt seine Oma und weckt einen von uns immer wieder, um ihren Schlüssel zu suchen, Fotos an die Wand zu kleben etc. Außerdem trampelt sie auf all unser Zeug. Sehr surreal alles hier.

Treffpunkt: Staten Island Ferry. Nur wie kommen wir hin? Rad fahren ist auf den Brücken nach Staten Island verboten. Und auch wirklich zu gefährlich. Wir fragen bei der Polizei an. New York ist nicht zuständig, New Jersey allerdings auch nicht. Aber die Port Authority hilft uns mit einer Eskorte. Wow! New York ruft! Ein überwältigendes Gefühl, die Skyline zu sehen! Mit der Fähre an der Freiheitsstatue vorbeizufahren! Anzukommen!

Die letzten Meter mit der Fähre

Statue of Liberty

(Alte) Skyline

Wir fahren zu unserer Postadresse an der Upper East Side, treffen unseren Lehrer dort und organisieren, wer wann wo schläft. Die eine Hälfte hier, die andere Hälfte in einem heruntergekommenen „Hostel“ in Harlem, zur Halbzeit wird getauscht.

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